Artikel über den Ka-26 aus der Zeitschrift "hobby" vom 5.8.1970 (Heft 16)
Bei allen wichtigen Veranstaltungen, bei denen er starten wollte, ergaben sich Schwierigkeiten. Weder auf der diesjährigen Luftfahrtschau in Hannover noch auf der  Turiner Luftfahrtschau im Juni noch beim Treffen der amerikanischen Hubschrauber- Gesellschaft Mitte Juni in New York erlaubten die zuständigen Stellen, daß er sein  Können unter  Beweis stelle. Der Sowjet- Hubschrauber Kamow Ka-26 ist  für die westliche Konkurrenz ein echtes Ärgernis.
Die Genossen Flugzeugbauer haben in den vergangenen Jahren mehrfach bewiesen, daß sie auf dem Gebiet der Rotorflügler ihr Handwerk verstehen. Aus der Sowjetunion kommt der größte Passagierhubschrauber der Welt: der Mi-6. Er sammelte inzwischen mehr als 30 Weltrekorde. Im Paradies der Werktätigen wird auch der  stärkste Hubschrauber der Welt gebaut: der Mi-10 mit 11000 PS Leistung.
Mit dem Kamow Ka-26 dringen die roten Flugzeugbauer jetzt in eine Preisklasse ein, in der ihre westliche Konkurrenz die Flagge streichen muß. Offiziell wurde dieser "äußerst interessante  Helikopter" , wie ihn das Fachblatt 'Der Flieger' lobte, auf der diesjährigen Hannover- Luftfahrtschau vorgestellt. Er ist für rund 490000 Deutsche Mark zu haben.
Damit dieser rotierende Preisbrecher nicht gleich großes Furore macht, sorgte die Konkurrenz dafür, daß der rote Vogel auf dem Boden blieb. Nach dem Deutschland- Vertrag von 1955 ist für den Start eines sowjetischen Fluggeräts auf bundesdeutschem Boden die Genehmigung der  ehemaligen sowjetischen Alliierten erforderlich. In Hannover sahen  sie sich dazu außerstande.
Der Star dieser geflügelten Schau - neben dem roten Mittelstrecken- Jet Yak-40 - versucht es derzeit 'durch die Hintertür': Über Schweden und Belgien drücken die roten Flugzeughändler ins Westgeschäft. So gelang es auch dem belgischen hobby- Mitarbeiter Günther Götzfried, mit dem Ka-26 ganz legitim zu fliegen. Götzfrieds Urteil: "Dieser Hubschrauber ist wirklich außergewöhnlich."
Damit hat der (fachlich nicht vorbelastete) hobby- Mann tatsächlich ins Schwarze getroffen. Der Ka-26 präsentiert ein Konzept, das bei Hubschraubern zwar oft versucht, doch in den seltensten Fällen realisiert werden konnte. Lediglich die westdeutsche 'Wagner Helicopter- Technik' hatte in jüngster Zeit damit Erfolg, zwei Rotoren gegenläufig auf einer Welle arbeiten zu lassen (siehe hobby 20/ 1969).
Die Schwierigkeiten dieser Bauweise beginnen mit der Hohlwelle für den unteren Rotor, in die eine innere Welle für den oberen Rotor hineingepaßt werden muß. Sie gehen weiter mit den insgesamt sechs Blättern der beiden gegenläufigen Rotoren, deren Steigungen unabhängig voneinander über äußerst komplizierte Taumelscheiben und Gestänge - und das alles auf engstem Raum ineinandergepackt - verstellt werden müssen. Mit Interferenzschwingungen und der Gefahr von Blattbrüchen sind diese Schwierigkeiten dann noch lange nicht zu Ende. Dr.- Ing. Nikolai Illjitsch Kamow hat diese schwierige Technik zusammen mit seinen Ingenieuren gelöst. Der Ka-26 ist nämlich keine Neukonstruktion, sondern der ausgereifte Sproß einer langen Ahnenreihe von Hubschraubern (und daraus entwickelten Kleinflugzeugen). Stammvater ist der Ka-8, der 1948 von einem 45-PS-BMW-Motorradmotor in die Luft gehoben wurde. (Siehe Bild unten). Zur Kamow- Ahnenreihe zählen auch die Kampfhubschrauber der Roten Marine.
Chefingenieur Kamows Rezept der koaxialen Doppelrotoren hat überzeugende Vorzüge: Die 15 bis 20 Prozent Antriebsenergie, die bei konventionellen einrotorigen Hubschraubern - vom westdeutschen Bölkow 105 bis zum amerikanischen 'Green Monster', dem CH-53 - für den Antrieb des Ausgleichpropellers am Heck verlorengehen, stehen Kamows Brummern voll für den Auftrieb zur Verfügung. Warum er freilich Kolbenmotoren und nicht , wie heute jeder Hubschrauberbauer, der etwas auf sich hält, Gasturbinen verwendet hat, bleibt ein ungelöstes Rätsel. Möglicherweise halten die Kamow- Ingenieure Kolbenmotoren in der Wartung noch für problemloser.
Die Meisterschaft sowjetischer Vereinfachung und vielseitiger Benüztzung eines Verkehrsmittels zeigt sich allerdings auch bei Kamows jüngstem Sproß. So kann er für Passagiertransport (sechs Personen), Frachttransport, landwirtschaftliche Zwecke und als 'Fliegender Kran' eingesetzt werden. Der 'Umbau' geht äußerst rasch vor sich. Angeblich müssen nur vier Schrauben gelöst werden. Für den Start des roten Verkaufsschlagers wollen die Genossen in der Moskauer Smolenskaja- Sennaja, dem Sitz der Avia- Export- Gesellschaft, einiges tun. So wurden der bundesdeutschen Generalvertretung russische Monteure zugesagt, die in Celle einen Werftbetrieb einrichten helfen.
Mit ihrem Minipreis steht den roten Hubschrauberbauern ein weites Feld offen. Westdeutsche Firmen sind seit langem an einem preiswerten Fluggerät interessiert. Und der ADAC beabsichtigt, entlang der Autobahnen 28 Hubschrauber- Stützpunkte einzurichten.
Gerade für Rettungseinsätze weist ein Hubschrauber ohne Ausgleichpropeller am Schwanz einen überzeugenden Vorteil auf: die kastenförmige, großräumige, von allen Seiten leicht zugängliche Kabine. Die Sowjets sind nicht die ersten, die das erkannt haben. Schon seit Jahren baut die amerikanische Firma 'Kaman' den 'Huskie', der mit dem Ka-26 große Ähnlichkeit hat - als Rettungshubschrauber für die US- Luftwaffe.
Auffallend ähnlich, aber aus den USA: der 'Huskie'. Seine Rotoren stehen jedoch nebeneinander.
Tipp: Bilder vom H-43 Huskie gibt es hier: 1  2  3  4  5
Binz Kabine

Ende der 60ger- Anfang der 70ger Jahre gab es eine Machbarkeitsstudie über die technische Modernisierung und Ausstattung einer Ka-26 Passagierkabine in eine moderne, dem zukünftigen Luftrettungsdienst  entsprechende Rettungshubschrauberkabine. Rechergen bei der Firma Binz die diesen Umbau damals offenbar durchführte blieben bisher ohne Erfolg. Nachfragen beim ADAC hatten auch keinen Erfolg. Die Antwort dort war kurz und knapp- eigentlich schade. Ich glaube man möchte sich nicht mehr erinnern müssen. Es würde Eurocopter bestimmt auch nicht gefallen.
Die hier abgebildeten Fotos sind dem Buch "Wir fliegen, damit Sie leben" 1.Auflage  1985 von Benjamin Homberg entnommen. Die Rechte dafür hat der EFB- Verlag Hanau
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